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Studie: Diversity Management im Mittelstand

von Anjoula Hummel und Doreen Wiegmann

8. April 2021

   Zusammenfassung
  • Unternehmen sehen sich mit der zunehmenden Diversität innerhalb von Gesellschaften konfrontiert, weshalb die Relevanz von Diversity Management zunimmt.
  • Richtig implementiert kann Diversity Management Unternehmen langfristig handlungs- und wettbewerbsfähiger machen und hat positive Auswirkungen auf Produktivität, Innovation und die Unternehmenskultur.
  • Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Diversity Management sind die Einbettung in die Unternehmenskultur und -strategie, die Bereitstellung von ausreichend personellen, zeitlichen und monetären Ressourcen sowie die Unterstützung durch die Unternehmensleitung.
  • Innerhalb der Studie wurden diverse Chancen und Herausforderungen (insbesondere für den Mittelstand) herauskristallisiert, welche Kommunikationsmanager:innen beachten sollten.
Communicate Tomorrow: Diversity Management als Modethema?

Das Thema Diversity gewinnt für deutsche Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Die Arbeitsplatzattraktivität wird gesteigert und Vielfalt kann zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Zahlreiche Studien bestätigen die positiven Auswirkungen von diversen Teams auf die Gewinnmarge, die Performance und die Innovativität von Unternehmen. Eine internationale Analyse von McKinsey letztes Jahr zeigte, dass vielfältige Unternehmen eine um 25 % signifikant größere Wahrscheinlichkeit haben, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Zum Vergleich: 2014 lag der Wert noch bei 15 %.

Gleichzeitig sehen sich Unternehmen aber mit etlichen Herausforderungen durch die Globalisierung konfrontiert. Insgesamt verändern sich die gesellschaftlichen und gesetzlichen Forderungen, die Unternehmen im Blick haben müssen. DiM kann Unternehmen im Umgang mit Vielfalt handlungsfähig machen und helfen, die Herausforderungen der Globalisierung und des demografischen Wandels zu bewältigen. Dennoch haben deutsche Unternehmen nach der Studie des Berliner Recruiting-Start-up Truffls in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Respondi noch immer Nachholbedarf in Sachen Chancengleichheit. Beispielsweise bemängelten die bundesweit 1.000 befragten Berufstätigen vor allem, dass unter anderem Menschen mit Migrationshintergrund und Frauen schwerer beruflich vorankommen als andere Personengruppen.

In Interviews mit Kommunikationsverantwortlichen aus deutschen Mittelstandsunternehmen sind wir der Frage nachgegangen, welchen Stellenwert DiM derzeit im Mittelstand hat, wie es umgesetzt wird und welche Chancen und Herausforderungen es birgt. Wir stellen die wesentlichen Antworten vor.

 

Erfolgsfaktor Diversity Management: Chancen für Unternehmen

In Wissenschaft und Praxis lassen sich viele Indizien finden, die einen Zusammenhang zwischen Diversity Management und Unternehmenserfolg vermuten lassen.

Dabei kann DiM vor allem langfristig Chancen für Unternehmen bereithalten, weil sich Vielfalt auf lange Sicht auszahlt. Diversität kann sich positiv auf die Produktivität auswirken: In gemischten Teams lernen die Jungen von den Alten und andersherum, weil ältere Kolleg:innen die Erfahrung und jüngere Kolleg:innen die Innovation mitbringen. Außerdem kann die Dynamik von Innovationsprozessen durch Andersdenkende positiv beeinflusst werden (thinking outside the box). Durch die Vielzahl von unterschiedlichen Werten, Ideen, Erfahrungen und Erkenntnissen findet eine intensivere Kommunikation statt, die neue Denkmuster hervorbringt. Darüber hinaus vermeidet eine breite Produkt- und Qualitätspalette Abhängigkeiten von einer Monokultur und kann sich makroökonomisch positiv auswirken. Und: Vielfalt kann ein Alleinstellungsmerkmal sein, sofern es in der Unternehmenskultur verankert ist. Indem die offene Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil genutzt wird, trägt DiM zur Effizienzsteigerung bei. Zu den Argumenten für DiM zählen weiterhin: die Förderung kreativer Lösungen und Produkte, positive Auswirkungen auf den Fachkräftemangel und zuletzt die Bedienung anderer Märkte und Kaufentscheidungen.

Diese Vorteile kristallisierten sich auch in den geführten Expert:innen-Interviews heraus: Die offene Unternehmenskultur, eine Erhöhung der Mitarbeitendenbindung und -identifikation mit dem Unternehmen sowie Vielfalt als Wettbewerbsfaktor wurden häufig genannt. Die Kommunikationsverantwortlichen sahen DiM jedoch auch als Treiber, der die Arbeitsplatzattraktivität positiv beeinflussen kann, zum Beispiel indem vielfältige Sichtweisen aufgegriffen und kommuniziert und die Zielgruppen der potenziellen Mitarbeitenden spezifisch angesprochen werden können.

 

Diversity Management in der Kritik: Die Herausforderungen

Geht es um ein so gesellschaftspolitisch aufgeladenes Thema wie Diversity Management, stehen Unternehmen grundsätzlich vor einem Paradoxon: Einerseits müssen sie Risiken in Kauf nehmen, wenn sie auf eine vielfältige Mitarbeiterschaft setzen, andererseits besteht die Gefahr, Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, wenn sie auf Vielfalt im Unternehmen verzichten. Ein zentrales Risiko ist das Glaubwürdigkeitsproblem. Dies tritt dann auf, wenn Unternehmen DiM ausschließlich als Fassade betreiben („window dressing”), ohne die kommunizierten Werte in der Unternehmenskultur verankert zu haben.

Weitere Herausforderungen können sein:

  • Schwierige Messbarkeit des Erfolgs von DiM
  • Mangel an Ressourcen für eine hinreichende Umsetzung
  • Fehlende Unterstützung der Unternehmensleitung
  • Veränderungsresistenz oder Widerstand bei der Belegschaft
  • Überforderung der Beteiligten durch die hohe Komplexität des Themas
  • Störung des Innenbildes

Ein weiteres Phänomen bei der Umsetzung von DiM in Unternehmen ist der sogenannte Backlash-Effekt: Damit sind Rückschläge gemeint, die das ursprüngliche Ziel von DiM verfehlen, wie beispielsweise das Ansehen von eingestellten Frauen in Führungspositionen als „Quotenfrauen”.

 

Zum Status Quo im Mittelstand

Wie sieht die Verankerung derzeit aus? Das Modell zeigt, welche Chancen und Herausforderungen erkannt werden und welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung geschaffen werden müssen.

Diversity Management im Mittelstand Modell

Der Ring mit seinen fünf Bausteinen im Herzen des Modells stellt dabei die Verankerung von Diversity Management in Mittelstandsunternehmen dar: DiM ist derzeit vorrangig intern verankert und eher schwach in die Unternehmensstrategie eingebettet. Die Maßnahmen sind vielfältig und die bereitgestellten Ressourcen wurden von den Befragten als gering eingeschätzt, obwohl der Anstoß für das Diversity Management häufig von der Unternehmensleitung kam.

Dem gegenübergestellt finden sich die drei normativen Hauptvoraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung von DiM in Mittelstandsunternehmen als Eckpfeiler des gesamten Modells wieder: die Einbettung in die Unternehmenskultur und -strategie, die Bereitstellung von ausreichend personellen, zeitlichen und monetären Ressourcen sowie eine Unterstützung durch die Leitung.

Die Risiken und Probleme, die bei der Umsetzung von DiM auf Unternehmen zukommen könnten, erweitern die Modellbasis: Diese Risiken können Unternehmen in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken und erfordern deshalb eine regelmäßige Prüfung und Beobachtung. Sie beeinflussen aber auch die Art der Verankerung von DiM in den Unternehmen. Auf der anderen Seite wird das Basismodell durch die Vorteile und Chancen erweitert: Je stärker die drei Kernvoraussetzungen beachtet werden und in der Praxis Anwendung finden, desto besser können diese Chancen ausgeschöpft werden.

 

Konsequenzen für Kommunikationsmanager:innen

Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass die Relevanz des Konzeptes Diversity Management von den Kommunikationsverantwortlichen erkannt wird. Dennoch lässt sich eine deutliche Schere zwischen der Relevanzbetonung auf der einen und der Umsetzung ohne explizite Verankerung in Strategie und Kultur auf der anderen Seite feststellen. Was bedeutet das für Praktiker:innen in der HR und PR?

Wenn,

  • die Chancen und Risiken von Anfang an bewertet
  • und Vielfalt strategisch mitgedacht wird,
  • Diversity Management professionell und personell aufgebaut wird,
  • können Gender- und Diversity-Konzepte die Personalpolitik, Unternehmenskultur und Chancengleichheit beflügeln
  • und messbar zu einer positiven Unternehmensentwicklung führen.

Welche Erfahrungen haben Sie bei der Umsetzung von Diversity Management gemacht? Oder stehen Sie gerade kurz vor der Implementierung? Wir bieten Ihnen professionellen Erfahrungsaustausch und Unterstützung!

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